Moin Hamburg,
es gibt Ereignisse, von denen man augenblicklich weiß, dass sie die Welt verändern werden. Doch es gibt auch Momente, deren Bedeutung sich erst Monate oder Jahrzehnte später erschließt. Der Abschluss des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens am 30. Oktober 1961 ist dafür ein gutes Beispiel. Mit ihm kamen aus der Türkei – wie zuvor schon aus Spanien, Italien, Griechenland und Portugal – Gastarbeiter nach Deutschland. Diese Menschen haben hart gearbeitet und jede Aufgabe angenommen, die ihnen zugeteilt wurde, weil die Beschäftigung in Deutschland ihnen Wege aus Armut und Arbeitslosigkeit eröffnete.
Ein Integrationskonzept hat es für Gastarbeiter nie gegeben. Sie wurden allein gelassen, weil die Rückkehr in die Türkei ausgemacht schien. Heute leben 6,8 Millionen Menschen mit Gastarbeiter-Hintergrund in Deutschland. Ihre historischen Leistungen sind kaum im kollektiven Gedächtnis unserer Gesellschaft verankert. Unsere Abgeordneten Güngör Yilmaz und Kazim Abaci, deren Eltern in Folge des Anwerbeabkommens nach Deutschland kamen, haben dazu einen bewegenden Text geschrieben, der als Thema des Tages in der heutigen Ausgabe der Hamburger Morgenpost veröffentlicht wurde. Sie schreiben: „In der Türkei wurden wir ‚Deutschländer‘ genannt, in der neuen Heimat Migranten. Wir fragten uns: Wo gehören wir eigentlich hin?“. Gerade die Generation der Gastarbeiterkinder musste in den 70er- und 80er-Jahren um Anerkennung kämpfen und führte lange Zeit ein Leben zwischen den Welten. Auch ihre Leistungen sollten wir zum morgigen 60. Jubiläum des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens – aber auch darüber hinaus – stärker würdigen.
Die Aspekte Arbeit und Gleichberechtigung sind auch wichtige Themen in unserem heutigen Newsletter. So haben wir in der vergangenen Bürgerschaftssitzung das gleichstellungspolitische Rahmenprogramm diskutiert, das die Gleichstellung von Frauen und Männern befördern soll. Gute Nachrichten gab es diese Woche vom Hamburger Arbeitsmarkt, der ein neues Rekordhoch erreichte. In der nächsten Bürgerschaftssitzung am 3. November wollen wir zudem dafür sorgen, dass Fachfortbildungen in Pflegeberufen ausgebaut und an die neue Lage nach Einführung der generalistischen Pflegeausbildung angepasst werden.
Kommen Sie gut ins Wochenende und bleiben Sie gesund.
Herzliche Grüße
Ihr Dirk Kienscherf
Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion