Hamburg reserviert Apartments für besonders schutzbedürftige LSBTI-Geflüchtete nach dem Frauenhaus-Modell. Das Hamburger Hilfenetz im Opferschutz, das für den Kreis der Geflüchteten bereits ausgeweitet wurde, wird dadurch für besonders schutzbedürftige LSBTI-Geflüchtete um eine weitere Komponente ergänzt.
„Wir mieten zurzeit eine Reihe von Apartments an, die ausschließlich für besonders schutzbedürftige LSBTI-Geflüchtete reserviert sind. Ich lege Wert darauf, dass die Adressen anonym bleiben, denn
so schützen wir auch Frauen in Frauenhäusern“, erklärt Senatorin Melanie Leonhard, die Schirmherrin des Hamburg Pride 2016. „Klar ist: Wir müssen alle Menschen vor Gewalt schützen – ob sie in
unsere Stadt geflüchtet sind, Opfer häuslicher Gewalt werden oder auf dem Schulhof gehänselt werden. Von geouteten Flüchtlingen hören wir jedoch immer wieder, dass Ihnen Verwandte und Bekannte
nachstellen und sie unter Druck setzen, ihrer sexuellen Orientierung abzuschwören. Da das Outing an sich für viele Geflüchtete ein mutiger Schritt ist, wollen wir sie so gut wie möglich vor
weiterem psychischen Druck bewahren.“
Stefan Mielchen, Erster Vorsitzender von Hamburg Pride e.V.: „Hamburg Pride begrüßt diesen Schritt, mit dem eine wichtige politische Forderung des diesjährigen CSD in die Tat umgesetzt wird.
Geflüchtete, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität verfolgt werden, müssen in unserer Stadt einen sicheren Hafen finden. Die Hamburger Lösung respektiert die
besonderen Schutzbedürfnisse der Betroffenen und schafft ein diskriminierungsfreies und sicheres Umfeld.“
Zurzeit finden die abschließenden Gespräche zwischen Sozialbehörde, der Anlaufstelle savia und der Allgemeinen Vermittlungsstelle von fördern und wohnen AöR statt, um das Belegungsverfahren
abzustimmen. Eine Belegung soll kurzfristig ermöglicht werden.
Die Allgemeine Vermittlungsstelle weist bereits seit Monaten all jenen Flüchtlingen prioritär einen Platz in der Folgeunterkunft zu, die einen besonderen Schutzbedarf haben. Hierzu zählen nicht
nur hochschwangere Frauen und schwerkranke Personen, sondern auch LSBTI-Geflüchtete.
Bereits jetzt gibt es ausgewiesene Plätze für LSBTI-Geflüchtete in der Erstaufnahmeeinrichtung Hellmesbergerweg, die auch mit separaten, abschließbaren Sanitärcontainern verknüpft sind.
Die Betreiber der Unterkünfte wurden ergänzend dazu verpflichtet, bis spätestens Ende August 2016 ein Schutzkonzept für jede einzelne Einrichtung zu entwickeln. Die Konzepte sollen sowohl den
Schutz von Geflüchteten mit Behinderung, Kindern und Frauen, als auch LSBTI-Geflüchteten vor Gewalt sicherstellen.
Mit savia hat Hamburg seit Juni 2016 eine eigene Anlaufstelle, an die sich Geflüchtete wenden können, wenn sie in der Unterkunft von Gewalt bedroht sind oder Gewalt erfahren. Hier arbeiten 10
Personen, teilweise auch in Form eines mobilen Beratungsteams. Die laufenden Ausgaben betragen pro Jahr rund 370.000 Euro.
„Wie in allen Lebensbereichen müssen wir darauf drängen, die Menschenrechte und das Grundgesetz zu achten. Den in Hamburg Schutz suchenden Menschen müssen wir noch besser erklären, dass
Minderheiten vom Grundgesetz geschützt sind und es das Wesen unserer freiheitlichen Gesellschaft ist, niemanden zu diskriminieren. Wir alle sind anders – je nach Blickwinkel. Das macht unsere
Gesellschaft bunt“, erklärt Senatorin Melanie Leonhard.